Die Sterne schienen um einen wolkenlosen Nachthimmel. Absolut klar standen sind in der kalten Luft des Storvalplateaus. Die Shoantikrieger rückten näher an das Feuer in ihrer Mitte. Zum einen um es wärmer zu haben, zum anderen um näher an den Lippen des alten Sonnenschamanen zu sein, der mit ihnen das Lager teilte.
„Ich möchte euch heute eine Geschichte erzählen“, begann der alte mit krächzender und zittriger Stimme. „Eine Geschichte von fünf Tshamek, die ausgezogen sind, um unsere Welt und die der weißen Siedler aus den Städten zu retten.“
Alle Shoanti am Feuer kannten diese Geschichte, dennoch herrschte gebanntes Schweigen.
„Vor vielen, vielen Sonnen, als in der großen Stadt der Pyramide im Süden eine ebenso hübsche wie gefährliche Königin herrschte, kamen fünf Tshamek aus ebendieser Stadt zu unserem Volk. Sie waren verzweifelt und suchten Hilfe. Hilfe um ihr Volk vor dieser gefährlichen Königin zu retten, die von einem bösen Geist besessen war. Ein Geist, den unser Volk vor unzähligen Sonnen in den Tiefen der Pyramide verwahrt und bewacht hatte. Bis die weißen Siedler kamen und uns aus dieser heiligen Städte vertrieben haben. Obwohl sie also selbst schuld an ihrem vorherbestimmten Untergang hatten, kamen sie zu uns und baten um Hilfe. Ihr alle, die ihr hier sitzt, hättet ihnen die Hilfe verweigert. Doch diese Tshamek hatten Glück und fragten bei einem der weisesten unseres Volkes um Rat. Sein Name war Tausend Knochen aus dem Stamm der Skoan-Quah. Er erzählte ihnen, dass es sehr wohl eine Geschichte rund um den bösen Geist der Königin gäbe, sie diesen jedoch nur bei einem Sonnenschmanen in Erfahrung bringen würden. Wie ihr wisst, und auch Tausend Knochen wusste das, wird aber kein Sonnenschamane Wissen der Shoanti an einen Tshamek weiter geben. Tausend Knochen war jedoch schlau und erklärte den Fremden, dass es eine Möglichkeit gäbe zu Mitgliedern des Stammes zu werden.
Damals wie heute gehört der Norden der Feuerebene dem Klanfresser. Sollten diese Tshamek es schaffen vom Klanfresser verschlungen zu werden und dieses Ereignis überleben, dann wären sie vollwertige Mitglieder der Shoanti. Ihr alle kennt die Geschichte von Skurak dem Widergeborenen, dem es als einzigen bis dahin gelungen war diese Prüfung zu bestehen. Doch die Fremden wussten entweder von ihrer innewohnenden Macht, oder sie hatten keine Ahnung welche Prüfung die Götter hier von ihnen verlangten.
Bevor sie sich dem Klanfresser stellten zogen sie jedoch nach Westen, an den Rand der Wyvernberge. In der alten Akropolis wollten sie sich den Segen Desnas holen um sich so die Hilfe eines Wahrsprechers zu sichern.“
Der alte Schamane deutete in Richtung des westlichen Horizontes, wo sich die zerklüfteten Gipfel des Gebirges klar gegen den Nachthimmel abzeichneten. Wenn man genau hinsah, konnte man sogar die geflügelten Kreaturen bei ihrer nächtlichen Jagd über den Bergen kreisen sehen.
„Ausgerüstet mit Geschenken von Tausend Knochen machten sich die fünf auf den Weg. Obwohl keiner von ihnen bisher in der Feuersteppe gelebt hatte schafften es diese Tshamek Buschfeuer zu überstehen, Angriffe von Ankhegs und Landhaien abzuwehren und sie trotzten sogar den schlechten Omen der Totems des Aschländers.“
Ein Raunen ging durch die Reihen der jungen Krieger. Ein jeder kannte die Geschichte des Shoanti jagenden Geistes und seine weitere Rolle in der Geschichte der fünf Tshamek.
„Schließlich erreichten sie, genau zu Beginn eines Aschensturms, die heilige Akropolis, die seit Anbeginn der Erzählungen verfallen in den Bergen steht. Ebenso unwissend wie wir, was die Geschichte dieses Ortes angeht, durchschritten sie das Portal des siebenzackigen Sterns und stiegen in die Tiefe hinab. Karja Katze immer vorne weg und oft nur durch Jal Feuerbringer und Imke Regenbogenvogel zurückgehalten. An ihrer Seite Tyden Willenbrecher und Trinia Sanftstimme.
So erreichten sie den schwarzen Tümpel ohne zu wissen, was sich darin verbarg.“
Wieder ging ein raunen durch die Shoanti und nicht wenige wollten zu dem Teil der Geschichte kommen, indem es endlich zur Sache ging. Doch der Sonnenschamane ließ sich nicht hetzen.
„Sie durchsuchten jeden Winkel der Akropolis. Sie fanden die einsame Frau mit dem Fischschwanz, sie entdeckten die nie enden wollenden Schriftzeichen, den magischen Brunnenschacht und auch die Schlangenstaute mit dem siebenzackigen Stern und der Goldpeitsche. Hier trafen sie auch auf den Schattengrafen und seine blauhäutige, in Ketten gelegte Sklavin, welche ihnen halfen das Rätsel der Schlangenstatue zu lösen. All das fanden sie. Aber sie sahen nicht die Gefahr, die ihnen auf den Fersen war.“
Der Alte war gegen Ende hin immer langsamer geworden und nun fielen ihm erschöpft die Augen zu. Die Krieger grummelten enttäuscht. Aber es würde wohl noch eine weitere Nacht am Lagerfeuer benötigen, bis der alte Schamane seine Geschichte weiter erzählen würde.
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